Dauerausstellung

Schwerlastfahrzeuge

Die Ausstellung beleuchtet die Geschichte des kombinierten Schwerlastverkehrs in Deutschland und im Raum Darmstadt. Im Mittelpunkt steht dabei der Transport von Eisenbahnwagen und Schwerlasten auf der Straße mittels sogenannter Straßenroller und spezieller Zugmaschinen. Erstere wurden in den 1930er Jahren im Rahmen des „Von Haus zu Haus“-Konzepts als Antwort auf die zunehmende Konkurrenz des Lkw-Verkehrs zur Eisenbahn von Reichsbahn-Oberbaurat Ing. Johann Culemeyer entwickelt und ermöglichten eine wirtschaftliche und einfache Beförderung von Güterwagen auf der Straße. Dadurch konnte ein Güterwagen von einem Güterbahnhof über die Straße zu einem Unternehmen ohne direkten Gleisanschluss gebracht werden und ein kosten- und zeitintensives Umladen der Güter war nicht mehr notwendig. Neben dem Transport von Eisenbahnwagen wurden Straßenroller auch zur Beförderung von anderen Schwerlasten wie zum Beispiel Maschinen, Transformatoren, Kesselanlagen, Lokomotiven und Stahlträgern eingesetzt. Dadurch wurde die Deutsche Reichsbahn schon 1934 zum führenden Spediteur von Schwerlasten.

Zunächst war die sogenannte „Schwerlastgruppe“ der Reichsbahn im Reichsbahn-Zentralamt (RZA) in Berlin angesiedelt. Durch den Zweiten Weltkrieg wurden die Fahrzeuge zum RZA Göttingen in das dortige Kraftwagenbetriebswerk (Kbw) ausgelagert. Als das RZA Göttingen dann in das RZA Minden und RZA München (später Bundesbahn-Zentralamt (BZA)) aufgeteilt wurde, wurde die Schwerlastgruppe nach München verlagert. Bald erkannte man jedoch, dass sich die kundenorientierten, operativen Tätigkeiten der Gruppe nicht mit den eigentlichen Aufgaben eines Bundesbahn-Zentralamts (Konzipierung und Beschaffung von Fahrzeugen und Materialien) vereinbaren ließen. Außerdem war der Standort München in Bezug auf die Kundennähe ungünstig gelegen. Daher wurde die „Überbezirkliche Straßenschwerlastgruppe“ zum 1. Mai 1954 zur Bundesbahndirektion Frankfurt/M umgesiedelt und die Fahrzeuge nebst Bedienpersonal ab sofort im Kraftwagenbetriebswerk (Kbw) Darmstadt stationiert. Außerdem wurde auch das „Ingenieurbüro“ mit Planung, Angebotserstellung, Transportvorbereitung und Abrechnung nach Frankfurt verlegt (Dezernat 23). Im Jahr 1970 wechselte diese Abteilung als Dezernat 555 dann zur neugegründeten Zentralen Transportleitung (ZTL) nach Mainz. Fahrzeuge und Personal blieben aber in Darmstadt. Dieser Standort überlebte dann alle Veränderung und Umorganisationen der Bahn – von der Deutschen Bundesbahn über die Deutsche Bahn AG bis zur „Nuclear Cargo + Service GmbH (NCS)“ – und blieb bis Anfang des Jahres 2004 erhalten.

Aus technischer Sicht waren insbesondere die 1950er und 1960er Jahre geprägt durch die Einführung und Weiterentwicklung des Umsetzverfahrens Schiene/Straße, woran die Zentrale Schwerlastgruppe in Darmstadt maßgeblich beteiligt war. Noch mit elastikbereiften Vorkriegsfahrzeugen der Reichsbahn wurde 1954 der Umsetzverkehr von schweren Lasten von Eisenbahnwaggons auf Straßenroller mittels Tragschnabelsystem eingeführt. Damit konnten zum Beispiel schwere Transformatoren zu Kraft- und Umspannwerken auch abseits der Schienenwege transportiert werden. Mit steigendem Energieverbrauch und damit einhergehenden Vergrößerungen der Transformatoren schuf man luftbereifte, hydraulisch gefederte Straßenschwerlastfahrzeuge (Bauart LS 160). Diese mit neuen, 20-achsigen Tragschnabelwagen kombinierbaren Fahrzeuge trugen jahrzehntelang die Hauptlast beim Aufbau der der Energieversorgung der Bundesrepublik. Mit dem Bau der Kernkraftwerke und wiederum noch größeren Transformatoren und Generatoren mussten noch tragfähigere Straßenschwerlastfahrzeuge mit hydrostatischem Antrieb (Bauart LS 250 „Heuler“) entwickelt und angeschafft werden, welche ohne Zugmaschine fahren konnten.

Mehr zur Geschichte des Culemeyer-Straßenrollers und seinem Einsatz für die Deutsche Reichs- und Bundesbahn.

Auch im regulären Culemeyer-Verkehr war das Kbw Darmstadt recht umfangreich tätig. Besonders hervorzuheben ist dabei der Bau der Plattenbauten im Darmstädter Stadtteil Neu-Kranichstein: Dafür wurde auf dem Gelände des Bw Kranichstein – unser jetziges Museumsgelände – hinter dem Lokschuppen eine Aufnahmestelle eingerichtet. Die per Waggon angelieferten Betonplatten wurden von dort mit den Straßenrollern im Tag- und Nachtbetrieb direkt zur benachbarten Baustelle gebracht.

Aus dem Bestand der Schwerlastgruppe Darmstadt konnte das Eisenbahnmuseum nach deren Auflösung insgesamt vier historische Straßenroller, drei Schwerlastfahrzeuge und zwei betriebsfähige MAN-Zugmaschinen übernehmen. Im Rahmen von Sonderveranstaltungen wie den Bahnwelttagen wird der Culemeyer-Verkehr anhand des Verladens eines Güterwagens vom Gleis auf den restaurierten Waggonroller LR 40.9  demonstriert.

Exponate im Bestand der Bahnwelt:

Schwerlastfahrzeuge

  • SEAG LS 160, 8-achsig, ehem. DB 82-026/27, Bj. 1962
  • SEAG LS 70, 8-achsig, ehem. DB 82-034, Bj. 1964
  • Scheuerle T 1506, 2+2-achs, ehem. DB 82-013, Bj. 1958

 

Straßenroller („Culemeyer“)

  • SEAG LR 40.9S, 8-achsig, ehem. DB 80-656, Bj. 1971
  • WMD LR 40.5W, 8-achsig, ehem. DB 80-517, Bj. 1962
  • SEAG LR 40.8S, 8-achsig, ehem. DB 80-615, Bj. 1966
  • Gotha R 40H4, 4-achsig, ehem. DB 81-229, Bj. 1938, Umbau 1952

 

Zugmaschinen

  • MAN 26.361 DF, ehem. DB 47-500, Bj. 1985,  jetzt GG-DB 500
  • MAN 19.361 FA, ehem. DB 47-748, Bj. 1987,  jetzt GG-DB 748
  • KAELBLE  KV 633 ZB/16, ehem. DB 47-735, Bj. 1973

 

Neben dem Transport von Eisenbahnwagen per Straßenroller beleuchtet die Schwerlastfahrzeugausstellung auch den Schienentransport von Transformatoren mithilfe sogenannter und Schienentiefladewagen.

Exponate im Bestand der Bahnwelt:

  • Tragschnabelwagen Uaai 672, 18-achsig, Tragfähigkeit 168 t, Bj. 1929 genietete Fachwerk-Tragschnäbel mit Trafokessel eines 100 MVA Trafos, zuletzt RWE
  • Schienentiefladewagen Uaai 571, 10-achsig, Tragfähigkeit 110 t, Bj. 1937 gekröpfte, geschweißte  Ladebrücke, zuletzt VEW

Zugänglichkeit der Ausstellung:

Vorführungen (Normalerweise im Rahmen von Veranstaltungen)

Bildergalerie

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